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Das Personal der Katzen

03.08.2010

Viele berühmte Persönlichkeiten sind Katzenliebhaber. Wie haben diese Menschen ihr Leben mit Katzen geteilt und warum?

Von Sigmund Freud stammt die Feststellung, dass die mit Katzen verbrachte Zeit niemals vergeudet ist („Time spent with cats is never wasted“). Allerdings entdeckt der Vater der Psychoanalyse seine Liebe zum Tier im Hund, einer Chow-Chow-Hündin namens Jofie, die auch in Therapiesitzungen anwesend ist und weiß: „Man wird den Respekt vor solchen Tierseelen nicht los“. Der Journalist Kurt Tucholsky stellt seinem satirischen Talent entsprechend fest: „Hunde haben Herrchen – Katzen haben Personal“. Welche berühmten Persönlichkeiten sind nun bereit, sich der Katze in den Dienst zu stellen?

Katzen und Macht

Kardinal Richelieu, die „rote Eminenz“, gehört zu den ehrgeizigsten und einflussreichsten Persönlichkeiten des absolutistischen Frankreichs im 17. Jahrhundert. Doch so sehr er innerhalb seiner klerikalen und politischen Karriere in der Lage ist, Gegner kaltblütig beiseite zu schaffen und – seine eigenen Vorteile stets im Visier – kühl berechnend zu handeln, bleibt Armand-Jean du Plessis, so sein bürgerlicher Name, Katzen gegenüber äußerst sanftmütig. Wann immer er sich in seinen Privatgemächern befindet, ist er von einer Stubentigerschar umgeben, die er sogar beerbt und ihnen zwei Wärter zur Verfügung stellt, die von nun an im Dienst der Vierbeiner stehen. Und auch Ludwig XIII., über dreißig Jahre französischer König, setzt sich für die von ihm verehrten Samtpfoten ein. So verbietet er z.B. die von der Kirche praktizierten Katzenverbrennungen, die noch Relikte der mittelalterlichen Katzenverfolgung sind. Auch ein anderer Franzosenkönig, Ludwig XV., dem historischen Gedächtnis für seine Beziehung zu Madame de Pompadour verhaftet, ist ein Katzenfreund und öffnet seinem weißen Stubentiger sein Schlafgemach und lässt sich von ihm zu Versammlungen begleiten. Dass Katzen nicht nur im Leben von Königen eine Rolle spielen, sondern auch Päpste angetan sind, beweist Pius IX., dessen Katze mit am Tisch sitzt und die jeden Tag höflich auf ihr eigens für sie zubereitetes Essen wartet.

Haben also einflussreiche, mächtige Menschen eine Neigung zu Katzen, weil diese neben dem Machterhaltungstrieb und politischen Ränkespielen ein sanfter Ausgleich sind? Wohl nicht. Denn es ist bekannt, dass Alexander der Große, Julius Caesar und Napoleon Bonaparte, zweifellos bis heute die größten Kriegsführer aller Zeiten, an Katzenphobie leiden. Eine andere mögliche Erklärung: Die Katze ist im Gegensatz zum Hund wenig folgsam. Die Frage ist: Haben Menschen, denen Freiheit und Individualität bedeutender erscheint als Besitzverwahrung oder dem Hang, Dinge zu kontrollieren, eher ein Interesse an diesen eigensinnigen Tieren? Auf jeden Fall sind auch einige künstlerische Persönlichkeiten dafür bekannt, Katzenfreude gewesen zu sein.

Katzen und Kunst

Vom englischen Schriftsteller Charles Dickens, einem der größten Katzenliebhaber, ist die Geschichte überliefert, dass seine Kätzin Wilhelmine schon mal zu kleinen Tricks greift. Sie kann Kerzen ausschlagen und tut dies, wenn Dickens am Abend im Schein der Kerzen Bücher liest, um seine Aufmerksamkeit zu ergattern. Dickens’ Zeitgenosse Baudelaire, einer der bekanntesten französischen Lyriker, verewigt seine Liebe zu den Vierbeinern auch in Gedichten, die sich wie Liebesgedichte lesen („Komm, schöne Katze, und schmiege Dich still an mein Herz (…) In Dein Auge ich träumend versinken will“). Die Schriftstellerin Sidonie Gabrielle Colette, ebenfalls Französin, kann als eine der größten Liebhaberinnen der Katzen gelten. Einerseits existieren etliche Fotos, die sie mit Katzen zeigen, andererseits widmet sie den von ihr vergötterten Miezen einen 1933 erschienen Roman „La Chatte“ (Die Katze).

Der englische Künstler Harrison William Weir gründet gar den National Cat Club, der bis heute existiert und dem später z.B. der ebenfalls aus England stammende Maler Louis Wain vorsteht, der besonders für seine Katzenbilder bekannt geworden ist. Paul Klee, deutschsprachiger Maler und Grafiker macht die Katze zu seinem beliebten Sujet: er zeichnet, malt und fotografiert seine eigenen, die er Mys, Nuggi, Fritzi und Bimbo nennt. Sein bekanntestes Katzen-Bild ist wohl „Katze und Vogel“ (1928), das heute im Museum of Modern Art in New York zu sehen ist. Sein französischer Kollege Jean Cocteau, der auch als Schriftsteller tätig ist, widmet seinem Siamkater Karoun ebenso ein Buch.

Regelrecht umschwärmt von den eigenwilligen Vierbeinern ist der große Schriftsteller Ernest Hemingway gewesen, der mit etwa 30 Katzen in seiner Finca im Inselstaat Kuba gelebt hat. Noch heute ist dieses Haus Hort für Katzen. Auch der deutsche Schriftsteller Hermann Hesse besitzt stets mehrere Katzen, die er z.B. Schneeweis, Zuercher, Zwinkeler und Porphy ruft. Mark Twain umgibt sich ebenfalls mit mehreren dieser Tiere, die u.a. auf die Namen Apolliniaris, Zoroaster oder Sour Mash hören.

Die prominenten Beispiele für Katzenbesitzer sind zwar nur eine Auswahl, zeigen aber einerseits politisch einflussreiche, ehrgeizige, aber auch künstlerisch interessierte Persönlichkeiten. Was ist so besonders an einer Katze, von ihrer Freiheitsliebe und Eigensinnigkeit mal abgesehen? Der Zoologe Alfred Brehm beschreibt dies im Kapitel „Die Katze, das unbekannte Wesen“ in seinen Tiergeschichten. Katzen zeichnen sich ganz besonders durch ihre (Mutter-)Liebe aus. Brehm erzählt davon, wie eine Katze fremde Pflegekinder aufnimmt, nachdem die Mutter verschwunden ist und diese dann aber mit der wieder auftauchenden Mutter gemeinsam betreut; wie eine Katze ein Eichhörnchen und eine andere einen Hasen aufgezogen hat. Er formuliert das Verhältnis zum Menschen als treue Freundschaft, solange sie gut behandelt wird. Auch wenn sie prinzipiell nicht so anhänglich ist, wie ein Hund, kann man zu einer Katze ein intensives Verhältnis aufbauen, wenn man ihr „Sorgfalt und Liebe entgegenbringt“. Katzen sind auch als sehr kluge Tiere bekannt. Alfred Brehm liefert in seinem Buch dazu unzählige Beispiele.

Die Katze gestern und heute

Die Hauskatze ist seit etwa 3.500 Jahren als Haustier bekannt. Zuerst wurde sie in Ägypten als Ratten- und Mäusefänger in Kornspeichern genutzt und später als heiliges Tier verehrt. Grabfunde und Katzenstatuen indizieren ihre Bedeutung: Die Katzengöttin Bastet oder die Sphinx sind ebenfalls Beispiele dafür, dass Katzen Denkmäler gesetzt wurden. Im Mittelalter wurde die Katze zum Unglücksbringer denunziert und für allerlei Übles, wie z.B. Krankheiten, verantwortlich gemacht. Man könnte sich auch fragen, ob das Wort Ketzer nicht vom Wort Katze abstammt. Die damit verknüpften Zuschreibungen wie charakterlos, unehrlich und verschlagen bleiben bis ins 19. Jahrhundert aktuell. Doch dies hat sich grundsätzlich geändert.

Heutzutage ist die Katze vielleicht genau das, was wir als zivilisierte Menschen in einer industrialisierten Welt nicht mehr sein können: Unabhängig, kapriziös, intuitiv und individualistisch und die hier beschriebenen Persönlichkeiten wurden wohl von genau diesen Eigenschaften angesprochen.