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Allerlei

Rezension: Klaus Modick, „Konzert ohne Dichter“ (2015)

04.03.2015

„Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe / So müd geworden, daß er nichts mehr hält / Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe / Und hinter tausend Stäben keine Welt“.

Es ist nicht Rilkes Panther, der sich hier gefangen sieht, es ist der 33jährige Tausendsassa Heinrich Vogeler, der sich in einem goldenen Käfig wähnt. Der erfolgsverwöhnte Maler, Grafiker, Architekt und Designer erhält an einem Junitag im Jahr 1905 eine hochkarätige Auszeichnung für ein Bild, das seinem künstlerischen Anspruch auf Wahrheit nicht mehr genügt. (mehr …)

Rezension: Sheila Heti, „Wie sollten wir sein? Ein Roman aus dem Leben“ (2014)

12.06.2014

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Der Roman schlägt eine Brücke zwischen Erhabenem und Vulgärem

„Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?“ Es mag im ersten Augenblick vermessen klingen, einen Gegenwartsroman mit dem Titel „Wie sollten wir sein?“ (engl.: „How should a person be?“) mit Immanuel Kants berühmten Fragen in Verbindung zu bringen. Im Laufe des Buches stellt sich jedoch heraus, wie essentiell die Philosophie für die kanadische Autorin Sheila Heti ist. Ohne expliziten Bezug spielt Fichtes Theorie der Anerkennung ebenso eine Rolle wie Schopenhauers Auseinandersetzung mit der Welt als Wille und Vorstellung. Heideggers In-die-Welt-Geworfen-Sein dringt gleichermaßen durch die Zeilen wie Gedanken zu Kierkegaard, Nietzsche und Baudrillard. Der Kanadierin gelingt es spielerisch, große, die Welt und vor allem das Individuum seit Jahr und Tag bewegende Fragen mit der Banalität des Alltäglichen zu verbinden. Heti schafft den Spagat zwischen High und Low, zwischen Erhabenem und Vulgärem. Dieser Dualismus charakterisiert eine Generation von Akademikern, die ebenso hochgebildet wie hedonistisch ist. Es geht um eine kleine Gruppe von künstlerisch tätigen Mittdreißigern, die nach dem Sinn des Lebens sucht, nach einer Antwort auf die Frage: „Wie sollten wir sein?“ (mehr …)

Rezension: Tomas Espedal, „Wider die Natur“ (2014)

14.05.2014

Ein Mann wird älter. Er verliebt sich in eine junge Frau. Sie beginnen eine Affäre. Die junge Frau verlässt den älteren Mann. So beginnt der Klappentext des zweiten in deutscher Sprache erschienenen Buches des Norwegers Tomas Espedal.

Ein einziger Satz im Roman fasst die Misere des Protagonisten zusammen: Die große Liebe, und das mit achtundvierzig, das ist lebensgefährlich. Und sogleich touchiert er das zweite große Thema dieses vergleichsweise schmalen Büchleins: Das Alter kommt eines Nachts und bläst dir Eis in den Mund. Reflexionen über das Älterwerden flankieren die Liebesgeschichte, die größtenteils eine Leidensgeschichte ist. Auf den letzten vierzig Seiten des Buches mündet die Metamorphose der Liebesqual in tagebuchartige Notizen, die je nach Gemütsverfassung mal Stakkato, mal Legato sind. (mehr …)

Wie man seinen Stil findet (auch für Männer)

15.03.2013

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„Die Außenseite eines Menschen ist das Titelblatt des Innern.“ (persisches Sprichwort)

Kurzfassung für die Opfer von Optimierung, Flexibilisierung und Ökonomisierung: Seinen Stil findet man durch Persönlichkeit, Experiment & Geduld.

Wer seinen individuellen Stil gefunden hat, wirkt nicht nur authentischer, weil er sich wohler fühlt, sondern gibt mit seiner Art, sich zu kleiden auch etwas über sich preis – wenn auch unbewusst: streng, unkonventionell, konservativ, verspielt etc. Was bedeutet Stil und wie kann man ihn finden? Die gute Nachricht: Gemäß der Beuys’schen Maxime ist jeder ein Modeschöpfer; die schlechte: Mode ist schön, macht aber auch viel Arbeit (frei nach Karl Valentin). Dem Trial-and-Error-Prinzip folgend führt der Weg zum eigenen Stil leider über einige modische Fauxpas. Wer Glück hat und qua Geburt mit einem Gespür für Ästhetik gesegnet wurde oder Kind einer modebewussten Mutter mit Vogue-Abonnement ist, hat seine Modesünden schon vor dem 20. Lebensjahr hinter sich gebracht. Für die Mehrheit leider gilt: GEDULD. Eine authentische und damit stilvolle Garderobe muss wachsen. Je nach Budget kann das schon einmal ein Jahrzehnt dauern. Das Fashion Weekly „Grazia“ hat im Sommer 2012 von einer Studie britischer Forscher berichtet, die besagt, dass Frauen mit durchschnittlich 35 Jahren ihren Stil finden. (mehr …)

Rezension: Simon Urban, “Plan D” (2011)

16.02.2012

In einer dreiteiligen Serie hatten sich die ZEIT-Feuilletonisten noch im Herbst 2010 über den Zustand der deutschen Gegenwartsliteratur beschwert. Die Diagnose: Plapperton. „Literarische Flughöhe: so niedrig wie möglich“. Entzauberung. Ernüchterungsstil. Serienmäßig. Ermüdend. „Tiefgefrorene Sprachschablonen“. Gefälligkeit. Vervolkstümlichung. So fasste Iris Radisch die Lage der Literatur im ersten Teil der Serie (ZEIT 40/2010) zusammen. Und in diese literarische Wüste spritzt, schwappt, wogt und brandet „Plan D“ – das in jeglicher Weise bemerkenswerte Erstlingswerk des 1975 in Hagen geborenen und mit einem Literaturstudium bewaffneten Werbetexters Simon Urban. (mehr …)

Kreative aller Länder: Schafft Euch eine Katze an!

12.02.2012

Viele kreative Schreibtischtäter oder Mitglieder der digitalen Bohème haben nicht nur mit den genialischen Auswüchsen ihrer Kreativität zu kämpfen, sondern auch oft mit ihrer Disziplin. Da wird eine Stunde vor Deadline – manchmal auch eine Stunde danach – mit freiem Assoziieren, Eigenplagiaten, Alkohol, Zigaretten und anderen Drogen auf Krampf versucht, Texte und Ideen zu produzieren. (mehr …)

Rezension: Kerstin Duken, „Jahrhundertsommer“ (2007)

04.12.2011

Iris, erfolgreiche Werbestrategin, lebt ein in gewissen Kreisen vorzeigbares, hedonistisches Großstadtleben. Geld. Partys. Spaß. Sorglosigkeit. So scheint es. Bis sie in einer Sommernacht Opfer eines Raubüberfalls mit Körperverletzung wird und ihr nach außen hin geregeltes Leben aus dem Takt gerät. Sie hält das Ungeheuerliche geheim und versucht, auf ihre Art und Weise damit fertig zu werden. Das Buch beschreibt nun die gedankliche Auseinandersetzung der Protagonistin mit diesem Einbruch in ihr Leben und die aus dem Überfall folgenden psychischen Konsequenzen. (mehr …)

Rezension: William Somerset Maugham, „Silbermond und Kupfermünze“ (1919)

18.10.2011

London. Gehobene Gesellschaft. Charles Strickland, ein Mann in den Vierzigern, Börsenmakler, Ehemann und Vater, verlässt ohne Nennung von Gründen überstürzt den wohlig-warmen Schoß von Familie und Beruf, um seiner Bestimmung zu folgen: Er will malen. Die erschütterte, zurückgelassene Ehefrau beauftragt den Ich-Erzähler der Geschichte, den Entflohenen ausfindig zu machen, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Der Erzähler findet Strickland in einem heruntergekommenen Pariser Hotel und erzählt in diesem bezaubernden Buch des englischen Schriftstellers und Arztes William Somerset Maugham von seinem und Stricklands Lebensweg, der beide zum Ende des Buches ins paradiesische Tahiti führt. (mehr …)

Alfred Döblin als Konstrukteur kultureller Fremdheit

04.10.2011

Der deutsche Arzt und Schriftsteller Alfred Döblin hat mit zwei seiner Romane kulturelle Fremdheit konstruiert und ist damit aktueller denn je.

Literatur bietet die Möglichkeit zu Gedankenexperimenten und zwar besonders dort, wo neue Erkenntnisse gewonnen oder anders geartete Erfahrungen gemacht werden. Besonders drastisch zeigt sich dies im Bereich der Fremderfahrung, beispielsweise in der Großstadt- und in der Science-Fiction-Literatur. Im ersten Genre spiegelt die Literatur die Konsequenzen und Niederschläge der Entwicklung moderner Großstädte wider; die zweite Gattung beschäftigt sich mit der Frage, zu welchen Szenarien wissenschaftliche Entwicklungen, Technikdominanz und sich dadurch verändernde Gesellschaft führen kann.

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In der Sprache gefangen – Positionen von Mauthner bis Bachmann

29.09.2011

Sprache ist das wichtigste Instrument, um sich mitzuteilen. Doch sie kann auch zum Käfig werden. Vier Schriftsteller und ihr Verhältnis zur Sprache.

In seinen Tagebüchern konstatiert der österreichische Literat Robert Musil „Sobald wir sprechen, schließen sich Türen“ und ruft damit das Bild des Käfigs hervor. Er bezieht sich auf den belgischen Literaturnobelpreisträger Maurice Maeterlinck, der in seinem überraschend zeitgenössischen Werk „Der Schatz der Armen“ (1896) schreibt: „Sobald wir was aussprechen, entwerten wir es seltsam.“ Sprache soll in diesem Zusammenhang in Anlehnung an den amerikanischen Ethnologen und Linguisten Edward Sapir definiert werden als „eine ausschließlich den Menschen eigene, nicht im Instinkt wurzelnde Methode zur Übermittlung von Gedanken, Gefühlen und Wünschen mittels eines Systems von frei geschaffenen Symbolen“. Mit dem Begriff des Käfigs werden Eingesperrtsein, Beengung, Fremdheit, Zwang, Einschränkung sowie die allgemeine Unfähigkeit zur sprachlichen Darstellung und Artikulation assoziiert.

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Die deutsche Sprache: Verfall oder natürlicher Wandel?

20.07.2011

Den Kritikern des Sprachverfalls stehen Optimisten gegenüber, die den Wandel als völlig normal erachten. Eine Debatte in deutschen Feuilletons.

Fast zwei Drittel der Deutschen glauben, dass die deutsche Sprache dem Verfall preis gegeben ist, wie das Meinungsforschungsinstitut Allensbach 2008 herausgefunden hat. Was sagen meinungsführende Medien zu diesem Thema? Eine Stichwortanalyse in den online verfügbaren Feuilletons der überregionalen Zeitungen „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ), „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) und der „ZEIT“ hat zu einer Reihe von Argumenten und Gegenargumenten zum Verfall der deutschen Sprache geführt. Was wird genau kritisiert? Was sind die Ursachen des Sprachverfalls? Findet denn ein Niedergang des Deutschen überhaupt statt oder handelt es sich lediglich um einen natürlichen Wandlungsprozess, den alle anderen Sprachen auch durchleben? Und vor allem: Wie kann gegen den Sprachverfall vorgegangen werden?

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Über die Zufriedenheit. Drei Positionen

15.07.2011

Was macht das Leben lebenswert? Immanuel Kant, Stéphane Hessel und der Happy Planet Index geben Auskunft darüber.

Was ist das Wichtigste im Leben? Zufrieden sein. Doch wer ist das schon? Costa Ricaner! Menschen aus der Dominkanischen Republik! Jamaikaner!, so der Happy Planet Index (HPI). Dieser Index ist ein Instrument, das versucht, die Zufriedenheit der einzelnen Länder der Welt darzustellen. Mithilfe einer Kombination aus Lebenszufriedenheit, Lebenserwartung und dem ökologischen Fußabdruck hat der HPI-Report von 2009 erstaunliche Ergebnisse zu Tage gefördert. Auf Platz eins befindet sich Costa Rica. Auf den weiteren Plätzen gesellen sich neben einem südostasiatischen Staat (Vietnam) eine ganze Reihe von mittel- und südamerikanischen Staaten: die Dominikanische Republik, Jamaika, Guatemala, Vietnam, Kolumbien, Kuba, El Salvador, Brasilien und Honduras.

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Musik als Lingua Franca: Das globalisierte Orchester

11.03.2011

Globalisierung betrifft nicht nur die Ökonomie, sondern auch die Kultur. Das Orchester der Berliner Philharmonie ist ein Beispiel dafür.

Der Arbeitsmarkt ist seit dem beginnenden Prozess der Globalisierung nicht mehr regional oder national beschränkt. Er ist global geworden. Ein deutscher Arbeitnehmer muss nun nicht mehr nur die einheimische Konkurrenz fürchten, sondern ebenso auch die Arbeitsuchenden aus dem Ausland. Die ZEIT hat diese Entwicklung für junge Kontrabassisten in einem Dossier (Nr. 8/2011) beschrieben. Die Nachwuchsmusiker strömen aus der ganzen Welt herbei, um im Wettstreit um den begehrten Platz einer Orchesterstelle im Konzerthaus Berlin gegeneinander anzutreten. Wie hoch ist inzwischen der Anteil an talentierten und ehrgeizigen Musikern aus dem Ausland in den deutschen Orchestern? Die Berliner Philharmonie gibt eine Antwort darauf.

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Die Globalisierung der Kultur

15.11.2010

Der Begriff der Globalisierung ist allgegenwärtig und wird dennoch meist nur auf die Wirtschaft angewandt. Er berührt allerdings auch die Sphäre der Kultur.

Globalisierung meint das über die Grenzen eines Staates und oft auch über den Kontinent hinausgehende wirtschaftliche und politische Handeln. Die Ursachen dieses Prozesses, der auch die Bereiche Gesellschaft und Kultur tangiert, liegen einerseits im technischen Fortschritt, seit etwa zehn Jahren noch einmal durch das Internet forciert, aber auch in der Entwicklung von Kommunikationskultur und Transportwesen begründet. Auch politische Entscheidungen, die beispielsweise den Welthandel betreffen, haben zu dieser Entfaltung beigetragen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) definiert Globalisierung als einen „Prozess, durch den Märkte und Produktion in verschiedenen Ländern immer mehr voneinander abhängig werden – dank der Dynamik des Handels mit Gütern und Dienstleistungen und durch die Bewegung von Kapital und Technologie“.

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Das größte Geheimnis

13.09.2010

Überall sucht er das Geheimnis: in der Mathematik, im All, in der Tiefe des Meeres oder in der Liebe. Doch das größte Geheimnis ist er selbst – der Mensch.

Die Komplexität des Menschen ist unergründlich. Die Anzahl und Beschaffenheit seiner Billionen umfassenden elementaren Bestandteile ändert sich im Laufe seines Lebens ständig. Und auch sein Wahrnehmungsapparat variiert täglich. Außerdem unterscheidet sich der Mensch von anderen Lebewesen, vor allem den genetisch nahen Verwandten, durch eine Reihe von kognitiven Fähigkeiten, die voller Geheimnisse stecken. Neben vielen anderen Aspekten ist er, hinsichtlich seiner Träume, seiner Sprache und seiner Physiologie nur in kleinen Teilen erforscht. Das macht ihn zum größten Mysterium der Welt.

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